Die defizitäre Stadt Zürich und ihre 
Finanzpolitik

Seit 2012 ist die Stadt Zürich auf Sparkurs: Die wirtschaftliche Situation, stagnierende Steuereinnahmen, die stetig zunehmende Einwohner_innenzahl und Unsicherheiten in der Pflege- und Spitalfinanzierung minimieren das Eigenkapital der Stadt; der Handlungsbedarf sei dringend, für die Jahre 2013 bis 2016 wurden Defizite von rund 90 bis 500 Millionen Franken berechnet. So entstand das Projekt 17/0 als Versuch, bis 2017 wieder mehr

Eigenkapital zu generieren. Das Projekt basiert auf der Überlegung, welche Leistungen zu welchen Kosten und in welchem Umfang von der Stadt angeboten werden.

Ausgenommen vom Sparprojekt sind Entsorgung und Recycling, die VBZ, die EWZ und die Wasserversorgung, hier spart die Stadt nicht im Rahmen des Projektes 17/0, sondern hat spezifische Sparpläne und klärt Privatisierungen ab. Bei den Stadtspitäler Triemli und Waid wird durch das neue Spitalfinanzierungsgesetz via Fallpauschalen schon eine gewisse Budgetoptimierung vorhergesehen wird, auch sie sind vom Projekt ausgenommen. Trotzdem wird offen über eine mögliche Privatisierung oder marktwirtschaftliche Umstrukturierung dieser Sektoren nachgedacht.

Das Projekt 17/0 ist aber nicht einfach Befehl der Politik an die Departemente, der Stadtrat hält seine Mitarbeitenden aktiv zum Mitdenken und Einreichen eigener Sparideen an und fordert Kostenbewusstsein im Alltag, Leis-
tungsüberprüfung und tiefere Departementsplafonds – ein Denkverbot über mögliche Ansätze existiere nicht.

Durch diese Massnahmen konnte nun schon für das Budget 2015 ein schrumpfendes Defizit vermeldet werden. Doch auch in Zukunft seien weitere Massnahmen notwendig: Sach- und Personalkosten werden reduziert, offene Stellen nicht gleich wiederbesetzt, Ausgaben plafoniert und der Ausbau an subventionierten Krippenplätzen wird verzögert. Finanzvorsteher Leupi verspricht: «Das sind Massnahmen, die ziemlich einschenken werden.» Die Sparmassnahmen würden zu einer spürbaren Abnahme der städtischen Leistungen führen.

Die Medien berichten unterdessen entsetzt über erhöhte Badi-Eintrittspreise für den Sommer 2015. Wahrscheinlich haben die städtischen Mitarbeiter_innen bis dann andere Sorgen: So wird z.B. im Hochbaudepartement erwartet, dass gleich viel Personal mehr Baubewilligungen bearbeitet und so höhere Erträge erwirtschaftet. Im Bereich Bildung wird der Globalkredit um 1.25 Millionen Franken gekürzt und für das Sozialdepartement wird schlicht vermeldet, dass die Sach- und Personalkosten reduziert werden. Auch die finanziellen Möglichkeiten der Stiftung PWG, die sich um preisgünstige Wohnungen und Gewerberäume kümmert, werden eingeschränkt.
Offen bleibt die Frage, wieso die UBS und ZKB immer noch keine Gewinnsteuer ausrichten müssen, Dividenden und Holdings weiterhin steuerfrei bleiben, die Grundstücksgewinnsteuer reduziert wird und eine weitere Unternehmerreform nicht in Frage gestellt wird. Für uns ist klar: Das Kapital bleibt unantastbar, während sich die parlamentarische Politik einen Hahnenkampf über die Ausrichtung des Projekts 17/0 liefert, der von der neoliberalen Umstrukturierung der Arbeitsverhältnisse ablenken soll. Auch wenn Tisa noch entfernt ist, geschieht die Anpassung an die Marktwirtschaft schon jetzt, öffentliche Bereiche wie Gesundheit und Bildung werden auf Profit getrimmt – und der weitere Schritt zur Privatisierung so erleichtert. All das wird unter dem Credo einer schlanken Finanzpolitik verkauft, die alle entlasten soll. Tatsächlich jedoch verabschiedet sich die Stadt aus ihrer Verantwortung, für eine vielfältige Gemeinschaft zu sorgen und einen öffentlichen Alltag zu schaffen, an dem alle teilnehmen können, sowie einen gerechten Ausgleich zu ermöglichen. Gerade für Frauen
werden die angekündigten Massnahmen Konsequenzen haben: Sie machen den Grossteil der Arbeitnehmenden in den Bereichen Bildung und Gesundheit aus, zudem sind sie immer noch mehrheitlich für die Reproduktionsarbeit zuständig, Einschränkungen im Departement Soziales fallen durch fehlendes Betreuungsangebot und Kürzungen der Sozialleistungen und –angebote ebenfalls auf sie zurück.

Wir lassen uns von der Taktik, überall ein bisschen zu sparen aber nirgends allzu fest, nicht ablenken und wehren uns gegen den neoliberalen Kurs der Politik. Deshalb organisieren wir uns jetzt, um für eine solidarische Gesellschaft zu kämpfen. Die öffentlichen Angebote der Stadt sollen von allen nutzbar sein, nicht nur von denjenigen, die es sich leisten können.